Mediation
Die Beteiligten werden zu einer von ihnen selbst zu entwickelnden Lösung geführt.
Es handelt sich um ein strukturiertes Verfahren, in dem die Konfliktbeteiligten von einem neutralen, besonders ausgebildeten Mittler dazu veranlasst und befähigt werden, eigenständig eine Lösung ihres Konflikts zu erarbeiten. Das Verfahren orientiert sich demnach hauptsächlich an den Interessen, Bedürfnissen, Wünschen und Wertvorstellungen der Parteien. Aufgabe des Mediators bzw. der Mediatorin ist es, eine Kommunikation zwischen den Beteiligten herbeizuführen, die ihnen ermöglicht, die jeweiligen Interessen zu erkennen und kreative Lösungen zu entwickeln.
Grundsätzlich bei jeder Art von Konflikten, wenn die Beteiligten sich zu dieser Lösungsmethode bereit finden. Besonders geeignet sind aber Konflikte, bei denen es nicht nur um die Bereinigung eines einzelnen Streitpunkts geht, sondern eine besondere Beziehung zwischen den Beteiligten besteht, die sich z.B. ergeben kann
- aus persönlichen Näheverhältnissen (z.B. Ehe, Lebensgemeinschaft, Familie, Freundschaft),
- aus auf Dauer angelegten Vertragsverhältnissen (z.B. zwischen Gesellschaftern oder Geschäftspartnern, in Miet- oder Arbeitsverhältnissen),
- aus räumlicher Nähe (z.B. zwischen Nachbarn oder Wohnungseigentümern),
- aus gemeinsamen Projekten (z.B. im Bau- oder Forschungsbereich),
- aus faktischen oder rechtlichen Gemeinschaften (z.B. Schulklasse, Verein, Erbengemeinschaft),
- aus tiefgehenden Verletzungen (z.B. in Haftungs- oder Diskriminierungsfällen, bei Verletzung geistigen Eigentums).
Mediation ist in besonderer Weise geeignet, die hinter einem Konflikt stehende Beziehungsstörung zu beheben und zukunftsweisende, nachhaltige Einigungen herbeizuführen.
Besondere Regelungen für das Verfahren der Mediation und die Pflichten der Mediator(inn)en enthält das Mediationsgesetz.
Die Beteiligten müssen sich über die Durchführung einer Mediation verständigen. Dies kann bereits vor Entstehen eines Streits, z.B. im Vertrag über ein gemeinsames Projekt oder in einer Satzung, geschehen, auch noch in einem bereits anhängigen Prozess.
Sodann schließen sie gemeinsam mit einem Mediator oder einer Mediatorin, ggf. auch mit mehreren, einen Vertrag über die Durchführung und die Modalitäten des Verfahrens.
Die erste Kontaktaufnahme mit einem Mediator oder einer Mediatorin kann zwar durch eine Partei alleine erfolgen. Dabei sollte aber klargestellt werden, dass die Betrauung des oder der Betreffenden mit einer Mediation (nicht eine bloße Beratung oder Konfliktmoderation) angestrebt wird.
Da es bei der Mediation wesentlich auf die unmittelbare Kommunikation mit und zwischen den Beteiligten ankommt, werden diese in der Regel zu einem persönlichen Gespräch eingeladen, bei dem die Verfahrensbesonderheiten erläutert und Absprachen zum Ablauf getroffen werden. Es kann aber auch vereinbart werden, dass zunächst Einzelgespräche geführt werden oder dass (z.B. um Infektionen oder längere Reisen zu vermeiden) per Video verhandelt wird.
Im unmittelbaren Anschluss an das Erstgespräch oder in einer weiteren Sitzung, ebenfalls in zwangloser Atmosphäre, wird mittels einer strukturierten Gesprächsführung herausgearbeitet, worum es in ihrem Streitverhältnis wirklich geht, welche Bedürfnisse oder Interessen dahinter stehen und welche Möglichkeiten es für eine faire, möglichst nachhaltige Lösung gibt. Es kann vereinbart werden, dass der Mediator bzw. die Mediatorin sie dabei mit Lösungsideen unterstützen oder dass von dritter Seite Vorschläge, Bewertungen, Gutachten o.ä. eingebracht werden sollen.
Wenn die Beteiligten auf dieser Grundlage eine Lösung finden, kann diese in einer rechtsverbindlichen Vereinbarung niedergelegt werden, anderenfalls bleibt ihnen der Weg in ein anderes Verfahren der Konfliktlösung.

Mediation ist ein freiwilliges Verfahren. Jede Partei kann es ohne Begründung und ohne nachteilige Folgen jederzeit beenden.
Rechtsanwälte können als Berater hinzugezogen werden, je nach Vereinbarung innerhalb oder außerhalb der Sitzung. In der Mediationsverhandlung sind aber, anders als vor Gericht, nicht sie, sondern die Parteien Wortführer.
Auch das liegt ganz in den Händen der Parteien. Sie können eine Leistung versprechen, eine Erklärung abgeben (z.B. eine Entschuldigung; die Rücknahme einer Kündigung), einen neuen Vertrag abschließen und dergleichen mehr. Als Vollstreckungstitel ?Vollstreckungstitel: Grundlage für die Durchsetzung eines Anspruchs mit den Mitteln der staatlichen Zwangsvollstreckung. Neben rechtskräftigen oder für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteilen (§ 704 ZPO) sind dies auch die in § 794 ZPO genannten Vergleiche, Urkunden, Beschlüsse usw. können sie die Einigung beurkunden lassen, wenn der Mediator eine staatlich anerkannte Gütestelle ?Staatlich anerkannte Gütestelle: Einrichtung zur gütlichen Streitbeilegung, der durch Landesrecht oder von der Landesjustizverwaltung ein besonderer Status verliehen wurde. Sie kann vollstreckbare Vergleiche beurkunden (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ein bei ihr eingereichter Antrag kann die Verjährung des darin bezeichneten Anspruchs verhindern (außer wenn der Gegner ein solches Verfahren bereits abgelehnt hat). betreibt, durch Vermittlung ihrer Rechtsanwälte oder von einem Notar.
Grundgedanke der Mediation ist, dass die Konfliktbeteiligten autonom entscheiden sollen, wie sie ihre (persönlichen und rechtlichen) Beziehungen zueinander gestalten wollen. Dies entspricht dem im Zivilrecht geltenden Prinzip der Privatautonomie, welches auch die Abänderung oder den Erlass von bestehenden Ansprüchen sowie die Begründung neuer Verbindlichkeiten umfasst. Der Mediator hilft den Parteien nur, selbst zu erkennen, welche Rechtsgestaltung ihren Interessen am besten entspricht. Von rechtlichen Bewertungen sieht er ab; rechtliche Regelungsvorschläge unterbreitet er nur, wenn dies dem Willen aller Beteiligten entspricht und wenn er die von § 2 Abs. 3 Nr. 4 Rechtsdienstleistungsgesetz verlangte Befugnis hierzu hat (wie z.B. Rechtsanwälte).
Bei anwaltlich nicht vertretenen Parteien weist der Mediator auf die Möglichkeit hin, vor Abschluss von Vereinbarungen mit rechtlicher Tragweite eine externe Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen (§ 2 Abs. 6 Satz 2 Mediationsgesetz. Sofern er selbst (z.B. als Notar oder anerkannte Gütestelle) einen Vergleich beurkundet, trägt er die Verantwortung für dessen Rechtswirksamkeit, also z.B. dass das Vereinbarte nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder dass eine erforderliche Zustimmung vorliegt).
Die Tätigkeit ist nicht von einer Berufszulassung oder der Befähigung zu einem bestimmten Grundberuf abhängig. Der Mediator hat in eigener Verantwortung sicherzustellen, dass er aufgrund entsprechender Aus- und Fortbildung über die nötigen Kenntnisse und praktischen Kompetenzen verfügt (§ 5 Abs. 1 Mediationsgesetz).
Wer über eine Ausbildung verfügt, die erhöhten, in einer Rechtsverordnung niedergelegten Ansprüchen genügt, darf sich als „zertifizierter Mediator“ bezeichnen (§ 5 Abs. 2 Mediationsgesetz i.V.m. ZMediatAusbV. Für die Befugnis zur Ausübung von Mediation ist dies ohne Bedeutung.
Mediation wird zumeist auf freiberuflicher Basis von hierfür speziell ausgebildeten Personen mit unterschiedlichen Grundberufen (Juristen, Psychologen, Sozialpädagogen, Ingenieure, Betriebswirtschaftler u.v.m.) angeboten.
Viele von ihnen haben sich in Verbänden zusammengeschlossen und auf die Einhaltung bestimmter Aus- und Fortbildungsstandards verpflichtet; der Kontakt kann über Listen auf den Webseiten der Verbände hergestellt werden. Auch Rechtsanwälte, Notare, Schlichtungsstellen, Kammern, Verbände und manche Rechtsschutzversicherungen bieten Mediation oder die Vermittlung von Mediatoren an.
Suchlisten, nach Regionen und Fachgebieten
Suchlisten (auch nach Regionen und Fachgebieten gegliedert) finden sich u.a. auf folgenden Webseiten:
Speziell für Familienkonflikte:
Speziell für Wirtschaftskonflikte:
- Deutsche Gesellschaft für Mediation in der Wirtschaft (DGMW) e.V.
- Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA) e.V.
- Vereinigung zertifizierter Wirtschaftsmediatoren (VzWM) e.V.
Speziell für den Bereich Bau- und Immobilienwirtschaft
Speziell für den Bereich e-Commerce
Daneben gibt es auf örtlicher Ebene Vereinigungen, die bei der Suche nach qualifizierten Mediator(inn)en behilflich sind, z.B.
Mediation allgemein
Handbuch MediationHaft/Schlieffen (Hrsg.), 3. Aufl. 2016, ISBN 978-3-406-66560-8 (Bibliothek finden)
MediationsgesetzKlowait/Gläßer (Hrsg.), 2. Aufl. 2018, ISBN 978-3-8487-3474-0 (Bibliothek finden)
Handbuch zum MediationsgesetzFritz/Pielsticker, 2. Aufl. 2018, ISBN 978-3-472-09577-4 (Bibliothek finden)
Mediation – Grundlagen, Recht, MarktRöthemeyer, 2015, ISBN 978-3-17-022582-4 (Bibliothek finden)
MediationsrechtEidenmüller/Wagner (Hrsg.), 2015, ISBN 978-3-504-47135-4 (Bibliothek finden)
Werkstattbuch MediationDiez/Krabbe/Engler, 2. Aufl. 2019, ISBN 978-3-504-06262-0 (Bibliothek finden)
Mediation in der Praxis des AnwaltsSchmidt/Lapp/May, 2012, ISBN 978-3-406-73323-9 (Bibliothek finden)
Mediation in der WirtschaftDuve/Eidenmüller/Hacke/Fries, 3. Aufl. 2019, ISBN 978-3-504-06261-3 (Bibliothek finden)
Praxis der FamilienmediationHohmann/Morawe, 2. Aufl. 2013, ISBN 978-3-504-65402-3 (Bibliothek finden)
Bei der Suche nach einem geeigneten Konfliktlösungsverfahren für einen konkreten Konflikt unterstützt Sie unser interaktiver Konfliktlotse.